Raphael, der Künstler, der durch zu viel Sex getötet wurde?

Kann man an zu viel Sex sterben? So erging es dem göttlich begabten Raffael, wie sein Biograf Giorgio Vasari aus dem 16. Jahrhundert berichtet.

Vasari erzählt in seinem Buch Das Leben der Künstler, dass Raffael, der im Alter von 37 Jahren auf dem Höhepunkt seines Könnens starb, durch übermäßige Leidenschaft zu Fall gebracht wurde. Diese Auffassung von Gesundheit ist mittelalterlich: Der Körper wird von den Körpersäften gesteuert, die Gesundheit hängt von einem Gleichgewicht der Körpersäfte ab, und das von Raffael wurde durch zu viel Aktivität im Bett destabilisiert. Nun, es ist eine Theorie.

Und doch geht Vasari ausführlich auf Raffaels Gefühlsleben ein. Der junge, begabte, gut aussehende und höfische Künstler, so behauptet er, war so sehr in seine Geliebte verliebt, dass sie mit ihm in der Villa Farnesina in Rom (wie sie heute heißt) leben durfte, während er die Fresken malte. Kein Sex, keine Fresken. Die Geschichte von Raffaels sinnlicher Beziehung zu La Fornarina, wie Vasari sie nennt, hat die Künstler über die Jahrhunderte hinweg fasziniert. Raffael wurde zu einer Ikone der Lust.

In der Turner-Ausstellung, die derzeit in der Tate Britain zu sehen ist, kann man Turners imposantes Gemälde von Rom von der Loggia des Vatikans aus sehen, mit Raffael und La Fornarina im Vordergrund (Raffael zeigt seine neuesten Gemälde, während ihr Schmuck auf der Brüstung verstreut ist). Raffael war der Lieblingsmaler der Päpste. Dass ein so perfekter Kirchenmaler im Vatikan mit seiner Geliebten schlief, war eine Idee, die Turner kitzelte – und Picasso noch mehr.

Gegen Ende seines Lebens schuf Picasso eine Reihe von pornografischen Radierungen, die Raffael und La Fornarina beim Liebesspiel zeigen, während sich Michelangelo unter dem Bett versteckt.

Die Legende vom lüsternen Raffael hat, wie es scheint, die Künstler in ihren Bann gezogen. Aber ist daran etwas Wahres dran? Nun, bevor man sie als anzügliche Geschichte abtut, muss man sich Raffaels Porträt einer nackten Frau – ist sie La Fornarina? – im Barberini-Palast in Rom betrachten. Sie steht da und zeigt ihre Schönheit in einer klassischen und zugleich intimen Pose. Sie trägt eine Armbinde, die sie als sein Eigentum ausweist. Es ist eine ziemlich eindeutige Erklärung des Begehrens – kein entfernter idealer Akt, sondern die eigene Geliebte des Künstlers. Sicherlich hat der Sex Raphael nicht umgebracht. Aber er trägt dazu bei, dass seine Kunst weiterlebt.

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