Cherubismus: Ein seltener Fall | Grain of sound
DISKUSSION
Der Cherubismus ist eine Störung im Kindesalter, die vor allem Männer betrifft. Wir haben hier über einen Fall von Cherubismus bei einem Mädchen berichtet, was ungewöhnlich ist. Nach der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation gehört der Cherubismus zur Gruppe der nicht-neoplastischen Knochenläsionen, die den Unterkiefer betreffen. Die Prävalenz bei Männern beträgt 100 %, bei Frauen 50-70 %, d. h. ein Verhältnis von 2:1. Es wurde festgestellt, dass das Chromosom 4p16.3 zwischen D4S127 und dem 4p-Telomer mit der Bezeichnung SH3BP2 (SH3-binding protein) für den Cherubismus verantwortlich ist. Diese Störung äußert sich durch eine allmählich wachsende, schmerzlose, beidseitige Schwellung des Unterkiefers und manchmal auch des Oberkiefers, die zu einer Rundung des Gesichts und geschwollenen Wangen führt, begleitet von nach oben gerichteten Augen. Dieser Zustand verleiht den Patienten das Aussehen von „Cherubs“, wie sie in barocken Kunstwerken dargestellt werden, daher der Name Cherubismus. Obwohl die Erkrankung bilateral ist, wurde auch eine unilaterale Beteiligung dokumentiert. Die ersten röntgenologischen Anzeichen des Cherubismus finden sich in der Regel im Bereich des Unterkieferwinkels. Der Unterkiefer ist häufiger betroffen als der Oberkiefer (60 %). Es wurde beobachtet, dass die Kinder bei der Geburt normal sind, aber im Alter von etwa 14 Monaten bis 5 Jahren beginnt eine symmetrische Vergrößerung des Kiefers, die sich bis zur Pubertät spontan zurückbildet. Silva et al. berichteten über einen ungewöhnlichen, extremen Fall von Cherubismus, bei dem eine aberrante, symmetrische orofaziale Schwellung, nach oben geschobene Augen und ein erheblicher Gewichtsverlust in einem Beobachtungszeitraum von 9 Monaten auftraten. In einigen Fällen wurde eine Perforation der Kortikalis festgestellt.
Zahnmedizinische Anomalien, die mit dieser Störung in Verbindung gebracht werden, können Zahnfehlstellungen, Wurzelresorption, abnorm geformte Zähne und impaktierte Zähne, Zahnverlust, ektopischer Zahndurchbruch und Agenesie der bleibenden Zähne, vor allem der zweiten und dritten Molaren, aufgrund der Rückbildung ihrer Keime sein. Diese Anomalien führen zu Zahnfehlstellungen, Phonations- und Schluckproblemen. Diese Anomalien sind auf die Substitution des Knochens durch ein faseriges Gewebe zurückzuführen, was zu Oklusophathologien führt. Ein konstanter Befund in diesen Fällen ist die Vergrößerung der submandibulären und zervikalen Lymphknoten.
Im Allgemeinen ist der Cherubismus auf die kraniofaziale Region beschränkt; es wird jedoch von Fällen berichtet, in denen die Rippen außerhalb des Schädels betroffen sind. Atemwegsprobleme treten bei diesen Patienten in der Regel nicht auf, können sich aber gelegentlich als Obstruktion der oberen Atemwege durch Rückverlagerung der Zunge oder Verlegung der nasalen Atemwege manifestieren.
Radiologisch ist der Cherubismus durch ausgedehnte, röntgenstrahlendurchlässige, multilokuläre Läsionen gekennzeichnet, die klar durch kortikalen Knochen abgegrenzt sind und bilateral in den hinteren Quadranten des Unter- und/oder Oberkiefers verteilt sind. Die Knochenveränderung beginnt in der Regel im Bereich des Winkels und des aufsteigenden Ramus des Unterkiefers, der Kondylus ist selten betroffen, die Zähne zeigen das Aussehen von Schwimmzähnen. Im Oberkiefer beginnt sie im Bereich der Tuberositas maxillaris. In schwereren Fällen kann die Infiltration der Augenhöhlen zu Exophthalmus und eingeschränkten Augenbewegungen führen. Die Gesichtssinus erscheint im Allgemeinen verödet.
Basierend auf dem Bereich der Beteiligung haben Ramon und Engelberg vier Abstufungen vorgeschlagen:
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Grad I: Bilaterale Beteiligung des aufsteigenden Ramus des Unterkiefers.
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Grad II : Beidseitige Beteiligung des aufsteigenden Unterkieferastes und des Oberkieferknochens
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Grad III : Massive Beteiligung des Ober- und Unterkiefers mit Ausnahme des Kondylenfortsatzes,
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Grad IV : Grad III plus Beteiligung des Augenhöhlenbodens, was zu einer Orbitalkompression führt.
Gradsystem für Cherubismus nach Motamedi (1998) und Raposo-Amaral (2007).
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Grad I: Läsionen des Unterkiefers ohne Anzeichen von Wurzelresorption
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Klasse 1: solitäre Läsion des Unterkieferkörpers
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Klasse 2: multiple Läsionen des Unterkieferkörpers Körper
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Klasse 3 solitäre Läsion des Ramus
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Klasse 4 multiple Läsionen der Rami
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Klasse 5 Läsionen, die den Unterkieferkörper und die Rami betreffen.
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Grad II: Läsionen, die den Unter- und Oberkiefer ohne Anzeichen von Wurzelresorption betreffen
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Läsionen der Klasse 1, die den Unterkiefer und die Tubercula maxillaris betreffen
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Läsionen der Klasse 2, die den Unterkiefer und den vorderen Oberkiefer betreffen
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Läsionen der Klasse 3, die den Unterkiefer und den gesamten Oberkiefer betreffen.
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Grad III: Aggressive Läsionen des Unterkiefers mit Anzeichen von Wurzelresorption
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Klasse 1: Solitäre Läsion des Unterkieferkörpers
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Klasse 2: Multiple Läsionen des Unterkiefers Körper
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Klasse 3 solitäre Läsion des Ramus
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Klasse 4 multiple Läsionen der Unterkieferrampen
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Klasse 5 Läsionen mit Beteiligung des Unterkieferkörpers und der Rami.
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Grad IV: Läsionen, die den Unter- und Oberkiefer betreffen und Anzeichen von Wurzelresorption aufweisen
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Läsionen der Klasse 1, die den Unterkiefer und die Oberkiefer-Tuberositas betreffen
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Läsionen der Klasse 2, die den Unterkiefer und den vorderen Oberkiefer betreffen
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Läsionen der Klasse 3, die den Unterkiefer und den gesamten Oberkiefer betreffen
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Grad V: Die seltenen, massiv wachsenden, aggressiven und stark deformierenden juvenilen
Fälle, die den Ober- und Unterkiefer betreffen und das Koronoid und die Kondylen einschließen können.
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Grad VI: Die seltenen, massiv wachsenden, aggressiven und stark deformierenden
Jugendlichen Läsionen, die den Ober- und Unterkiefer sowie die Augenhöhlen betreffen.
Syndrome, die mit Cherubismus assoziiert sind, sind: Neurofibromatose Typ-1, Noonan-ähnliches/vielfaches Riesenzell-Läsionssyndrom, Ramon-Syndrom und Jaffe-Campanacci-Syndrom.
Zu den Differenzialdiagnosen gehören: kraniofaziale Variante der fibrösen Dysplasie (McCune-Albright-Syndrom), zentrales reparatives Riesenzellgranulom, braune Tumore, echter Riesenzelltumor, infantile Hyperosteose, familiärer Gigantismus, Zementom, Ameloblastom, Myxom, Läsionen mit Riesenzellen wie Hyperparathyreoidismus und Osteomalasie.
Biochemische Untersuchungen können normale Konzentrationen von Serumkalzium und -phosphor, thyreoideastimulierendem Hormon, follikelstimulierendem Hormon, luteinisierendem Hormon, T4 und T3 zeigen, aber erhöhte Werte von alkalischer Phoshatase. Histologisch zeigt die Läsion zahlreiche vielkernige Riesenzellen, die in einem faserigen Bindegewebe verstreut sind.
Die Diagnose der Erkrankung kann anhand der Anamnese, der klinischen Untersuchung, der Röntgenaufnahmen (Orthopantamograhie, Röntgenaufnahmen von posterior, Teleradiographie), der Computertomographie (hilft bei der Überprüfung des Krankheitsverlaufs, liefert ein realistisches Bild), der histologischen und biochemischen Untersuchungen gestellt werden. Eine pränatale Identifizierung des Cherubismus kann durch eine Desoxyribonukleinsäure-Analyse aus Extrakten fötaler Zellen erfolgen, die durch eine Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) in etwa 15-18 Schwangerschaftswochen oder durch eine Chorionzottenbiopsie in etwa 10-12 Schwangerschaftswochen gewonnen werden.
Management
Da sich diese Erkrankung nach der Pubertät spontan zurückbildet, kann man abwarten und beobachten. Nach Rückbildung der Erkrankung kann eine Zahnextraktion in Bereichen mit fibrösen Veränderungen (Schwimmzahn), eine kosmetische Osteoplastik des betroffenen Kiefers oder ein physiologischer Knochenumbau durchgeführt werden. Im Falle einer funktionellen Beeinträchtigung kann eine Kürettage der Läsion und eine Behandlung mit Calcitonin angeraten werden. Möglicherweise ist ein Zahnersatz erforderlich, um ein richtiges Kauen zu ermöglichen. Eine kieferorthopädische Behandlung ist nach Abschluss des Wachstums und nach Rückbildung der Erkrankung angebracht. Bei Gesichtsentstellungen kann eine psychologische Beratung empfohlen werden. In extremen Fällen mit funktionellen Beeinträchtigungen sollte frühestmöglich ein chirurgischer Eingriff erfolgen. Eine Strahlentherapie wurde wegen des potenziellen Risikos einer Osteoradionekrose oder einer malignen Transformation vorgeschlagen.
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