Mitteldeutschland (Kulturraum)
Die Region, die historisch auch den größten Teil Hessens, Teile Frankens und den Süden Niedersachsens umfasste, wird als ein Gebiet südlich der sprachlichen Benrather Linie bezeichnet, in dem mitteldeutsche Dialekte gesprochen wurden. Jahrhundertelang gehörte es zu den fortschrittlichsten Gebieten Deutschlands und war ein Zentrum sowohl der protestantischen Reformation als auch der industriellen Revolution des 19. Große Teile des Gebietes wurden einst von einem der Zweige des Hauses Wettin regiert, mit Ausnahme von Anhalt und Reuss und, je nach geografischer Definition, dem Kurfürstentum Hessen. Sie waren also auf die eine oder andere Weise dynastisch mit dem Kurfürstentum Sachsen verbunden, das zu jener Zeit eine Großmacht im Deutschen Reich war. Ab dem 19. Jahrhundert erlangte Preußen sukzessive die Kontrolle über die nördlichen Teile Mitteldeutschlands.
19. Jahrhundert bis Zweiter WeltkriegEdit
Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde dieses Gebiet als die Mitte Deutschlands angesehen, da es etwa in der Mitte zwischen Aachen und Königsberg lag. Das Mitteldeutsche Chemiedreieck war die zentrale Region der drei großen deutschen Industriegebiete zwischen dem Ruhrgebiet und Oberschlesien. 1929 vereinbarten der Freistaat Preußen und der Heilige Stuhl im Preußischen Konkordat den Zusammenschluss mehrerer katholischer Diözesen zur neuen mitteldeutschen Kirchenprovinz, die sich über Ostwestfalen, Nordhessen, den größten Teil Thüringens, das heutige Sachsen-Anhalt und kleine Teile Sachsens erstreckte.
Auf der Jalta-Konferenz wurde im Rahmen des Roosevelt-Plans die Schaffung eines mitteldeutschen Staates vorgeschlagen, der in etwa die Gebiete der ehemaligen sächsischen Länder Mitteldeutschlands zusammengefasst hätte.
Nach 1945, als Deutschland seine Ostgebiete verlor, fiel der größte Teil Mitteldeutschlands in die Sowjetische Besatzungszone und wurde zum neuen Osten Deutschlands, weshalb die 1949 gegründete Deutsche Demokratische Republik (DDR) oft als Ostdeutschland bezeichnet wird.
Der offizielle westdeutsche Sprachgebrauch sprach jahrzehntelang, bis Bundeskanzler Willy Brandt 1969 seine Ostpolitik begann, von „Mitteldeutschland“, um die Deutsche Demokratische Republik zu bezeichnen. Der Begriff wurde sowohl von der Christlich-Demokratischen Union als auch von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und von einer großen Zahl westdeutscher Einwohner verwendet, die aus den östlichen Provinzen vertrieben worden waren und die ein breites Spektrum an politischen Ansichten vertraten. Nachdem die westdeutsche Bundesregierung 1970 die feste Ostgrenze zu Polen akzeptiert hatte, wurde die Behauptung, Teile Polens seien immer noch „Ostdeutschland“, jedoch nur noch mit rechtsextremen und revanchistischen Ansichten in Verbindung gebracht.
Nach der Wiedervereinigung
Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 behaupteten Aktivisten (z.B. Aktion Mitteldeutschland e.V.), dass der größere Raum Leipzig-Halle von der Behauptung einer wirtschaftlichen Identität profitieren würde, die sich von den anderen, eher ländlich geprägten neuen Bundesländern der ehemaligen DDR abhebt. Die Verwendung des Begriffs „Mitteldeutschland“ sollte die Lage in Mitteleuropa unterstreichen und an den industriellen Ruhm der Region in früheren Zeiten erinnern. Er wird vor allem in der Wirtschaft und in den Medien verwendet.
Im Jahr 1991 gründeten die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen den öffentlich-rechtlichen Regionalrundfunk Mitteldeutscher Rundfunk, der zur ARD gehört. Private Unternehmen im Raum Leipzig, Halle und Dessau verwenden häufig den Begriff „Mitteldeutschland“, ebenso die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland und einige Sportwettbewerbe wie die Mitteldeutschen Meisterschaften.
Die Metropolregion Mitteldeutschland bildet eine regionale Entwicklungszone im europäischen METREX-Netzwerk (siehe unten).
Obwohl die meisten Methoden zur Bestimmung des geografischen Mittelpunkts Deutschlands einen Punkt in „Mitteldeutschland“ ergeben (z. B. Niederdorla in Westthüringen), umfasst das Dreiländereck auch Görlitz, die östlichste Stadt Deutschlands, die an der Grenze zu Polen liegt. Dieser östliche Teil gehört zwar zum Bundesland Sachsen, ist aber nicht Teil des mitteldeutschen Kulturraums, da die Lausitz historisch gesehen eine eigene Geschichte und Tradition hat (siehe u.a. den Lausitzer Bund) und eng mit Böhmen verbunden ist. Das Gleiche gilt für Magdeburg und die umliegenden Gebiete (d.h. die Gebiete nördlich von Anhalt), da sie weder zum mitteldeutschen Dialektkreis gehören noch eine enge kulturelle Verbindung zu den südlicheren Teilen haben, sondern traditionell mit Brandenburg und Preußen verbunden waren.
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