Elektrostatische Wechselwirkungen im Nahbereich von Proteinen
In Proteinstrukturen gibt es zwei Arten von nicht-kovalenten Bindungswechselwirkungen: spezifische und unspezifische. Unspezifische Wechselwirkungen sind meist hydrophob und van der Waals. Spezifische Wechselwirkungen sind weitgehend elektrostatisch. Während der hydrophobe Effekt die Hauptantriebskraft bei der Proteinfaltung ist, sind elektrostatische Wechselwirkungen wichtig für die Proteinfaltung, Stabilität, Flexibilität und Funktion. Hier wird die Rolle elektrostatischer Wechselwirkungen im Nahbereich (Salzbrücken) und deren Netzwerke in Proteinen untersucht. Salzbrücken werden durch räumlich nahe beieinander liegende Paare von entgegengesetzt geladenen Resten in nativen Proteinstrukturen gebildet. Häufig liegen die salzbrückenbildenden Reste auch in der Proteinsequenz nahe beieinander und gehören zum selben sekundären Strukturelement, Baustein, zur autonomen Faltungseinheit, Domäne oder Untereinheit, was mit dem hierarchischen Modell für die Proteinfaltung übereinstimmt. Neuere Erkenntnisse deuten auch darauf hin, dass geladene und polare Reste in weitgehend hydrophoben Grenzflächen als Hotspots für die Bindung fungieren können. Salzbrücken finden sich selten über Proteinteile, die durch flexible Scharniere verbunden sind, was darauf hindeutet, dass Salzbrücken die Flexibilität und Bewegung einschränken. Während die herkömmliche chemische Intuition davon ausgeht, dass Salzbrücken einen positiven Beitrag zur Proteinstabilität leisten, zeigen neuere Berechnungen und Experimente, dass Salzbrücken stabilisierend oder destabilisierend wirken können. Aufgrund der systemischen Proteinflexibilität, die sich in kleinräumigen Bewegungen von Seitenketten und Rückgratatomen widerspiegelt, schwanken die Salzbrücken und ihre Stabilität in Proteinen. Gleichzeitig deuten genomweite Vergleiche der Aminosäuresequenzzusammensetzung sowie strukturelle und thermodynamische Vergleiche von thermophilen und mesophilen Proteinen darauf hin, dass spezifische Wechselwirkungen wie Salzbrücken wesentlich zum Unterschied zwischen thermophilen und mesophilen Proteinen beitragen können.
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